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Tamron SP 150-600mm 5/6,3 DI VC USD
Alles Tamron, oder was?
Ein Erfahrungsbericht von Wolf-Dieter Peest.
Ein günstiges Telezoom für alle Fälle, sozusagen als Wegbegleiter für spontane Ausflüge in die Natur, welches bezahlbar und tragbar sein sollte. Dazu noch kompakt in den Abmaßen, einigermaßen lichtstark und das ganze noch mit einer brauchbaren Abbildungsleistung und einem Bildstabilisator gepaart. Welcher Naturfotograf hatte noch nicht davon geträumt?
Das neue Tamronzoom SP 150-600 DI VC USD kommt der Sache schon recht nah. Von Canon gibt es ja seit ein paar Monaten das sehr gute und absolut professionelle EF 4,0/200-400 L IS +1,4 fach Ext. für den betuchten Fotoexperten. Aber eben wirklich nur für den Anwender der auf höchstem Niveau ein Spitzentelezoom benötigt und dafür auch bereit ist weit über 10.000,- Euro auszugeben. Ich habe bereits auf unserer Webseite darüber berichtet.
Nun wurde für den Amateur bzw. den Semiprofi oder aber einfach den Ottonormalverbraucher erneut ein Superzoom vorgestellt. Ohne großes Brimborium wurde es vor knapp drei Monaten von Tamron vorgestellt und ist jetzt schon seit ein paar Wochen im Fachhandel verfügbar. Die ersten Produktfotos dieser Tamronoptik wurden schon im Dezember 2013 auf japanischen Webseiten gezeigt und ließen hoffen. Wer wie ich den Umgang mit großen Teleobjektiven, die oft weit über 3 bzw. 4 kg wiegen, gewohnt ist, der ist erstmal sehr angenehm überrascht über das geringe Gewicht von nur knapp 2 kg. Und das ist auch schon der Hauptvorteil (neben dem geringen Kaufpreis) dieser einmaligen Zoomoptik.
Es liegt natürlich auf der Hand, das Tamron an diesem Objektiv viel Kunststoff verbaut hat. Der komplette Tubus, sowie auch diverse Einfassungen
lassen darauf schließen. Aber, so wie es den Anschein hat , hat die eigentliche Qualitätsanmutung darunter nicht gelitten. Im Gegenteil, das Objektiv macht einen recht ordentlichen Eindruck in Sachen Verarbeitung. Eine griffige Stativschelle, leider mit nur einem Befestigungsgewinde gehört mit zum Lieferumfang. Die etwas zu leicht und instabil geratene Gegenlichtblende, die nicht ganz so gelungen ist, wäre das einzige Manko was ins Auge fällt. Da wird sich zeigen, wie lange der dünne Kunststoffrand der Verriegelung bei häufiger Nutzung halten wird.
Optische Qualität und Handling
Von guten Festbrennweiten verwöhnt und noch die hervorragenden Ergebnisse vom neuen Canonzoom EF 4,0/200-400 L IS USM +1,4 x Ext. im Kopf, erwartete ich nicht allzu viel vom „Tamronsuperzoom“. Für runde 1.100,- Euro (mittlerweile Straßenpreis) sollte es ja laut Tamron eine „Weltklasse Bildqualität“ haben. Ich habe es auf Herz und Nieren geprüft in den zurückliegenden Wochen. In allen möglichen Situationen bei mir in meinem Fotorevier, sowie auch zuhause bei einem aufwendigen Testaufbau, gegen andere hochpreisige Teleobjektive verglichen. Ja was soll ich sagen? Kurz und schmerzlos, es ist einfach in allen Belangen eine sehr gute Leistung schon ab Offenblende vorhanden, ob bei Blende 6,3 und 600 mm, oder bei 150 mm und Blende 5,0.
Auch bei allen Brennweiten die dazwischen liegen, es hat keine sichtbaren Leistungseinbrüche. Es zeichnet sehr scharfe und fast vignettierungsfreie Bilder auf den Chip. Ohne störende Farbsäume oder sonstige Farbabweichungen.
Was mich ebenfalls positiv überraschte war die Tatsache das dieses Tamronobjektiv auch gegenüber einer Festbrennweite, ziemlich genau die
angegebene Brennweite eingehalten hat. Sprich die angegebenen 600 mm sind (zumindest in den von mir häufig genutzten Entfernungen von 15-30 m) auch wirklich 600 mm. Nicht nur gefühlte 560 mm etc. Das ist nicht selbstverständlich, wie ich schon bei anderen Telezoomobjektiven festgestellt habe.
Konstruktionsbedingt oft wohl nicht vermeidbar, besonders im Nahbereich, aber hier in diesem Fall ist es keine Mogelpackung. Gerade bei 600 mm, dachte ich wird es optisch bestimmt einbrechen, wie die meisten Telezoomobjektive in dieser Preisklasse. Aber nein, das Tamron ist zumindest in meinen doch ziemlich kritischen Augen, voll offenblendtauglich. Abblenden auf Blende 8 hat zumindest bei meinem Objektiv nur zu einer sehr geringen Bildverbesserung beigetragen.
Lieber nutze ich die etwas kürzeren Verschlusszeiten, bevor ich auf 8 oder 11 abblenden kann. Evt. fehlt es etwas an Kontrast und auch die minimal schlechtere Auflösung von feinen Strukturen macht sich gegenüber einer 10x so teuren Festbrennweite bemerkbar. Aber das ist wirklich jammern auf hohem Niveau. Nur im unmittelbar direktem Vergleich zu einem 11.000,- Euro Objektiv, sieht man natürlich deutliche Unterschiede.
Der Kontrast, die Wiedergabe feinster Strukturen, Brillanz, Farbtreue etc. in genau diesen Disziplinen liegt eine teure Festbrennweite, aber auch das sehr teure neue 200-400er Canonzoom vorne. Aber nach heutigen Maßstäben rechtfertigt das wirklich nicht mehr den extrem hohen Preis dieser Objektive.
Denn wer ein wenig EBV beherrscht kann mit ein zwei Klicks ausgehend von einem ordentlich belichteten und scharfem Bild, aus dem Tamronzoom schon extrem gute Ergebnisse erzielen. Hier wird eben für relativ kleines Geld ein Objektiv von Tamron angeboten, was es bis dato so wirklich nicht gab.
Um es in gefühlten Prozenten auszudrücken, das neue Tamronzoom schafft es als Gesamtpaket ein Punktzahl von gut 90% auf meiner persönlichen Skala zu bekommen. Diese setzt sich aus Preis, Leistung, optische Qualität, AF-Geschwindigkeit, Genauigkeit, Naheinstellgrenze, Gewicht, Handling, Verabreitung, Garantie, Service etc. zusammen. So, nun kann jeder für sich selbst entscheiden, ob ein gut 10 x so teures Objektiv wie zum Beispiel eine 600er Festbrennweite, oder das neue Canonzoom 4,0/200-400 L IS x1,4 fach Ext. dann die vollen 100% von mir bekommt. Meine Antwort lautet in diesem Fall nein!
Im Gegenteil, was Tamron nun den großen Herstellern da vor die Nase gesetzt hat, wird so manchen in den oberen Chefetagen der gelbroten Fraktion nicht passen.
AF und Bildstabilisator
Der von Tamron verbaute Bildstabilisator VC ist nicht ganz so effektiv wie man es von den teuren Teleobjektiven der neueren Generation von Canon oder Nikon gewohnt ist. Lässt man ihm aber gefühlte 2 bis 3 Sek Zeit sich einzupendeln, verrichtet er sehr gut seinen Dienst. Besonders beim Einsatz vom Bohnensack aus, wirkt das Sucherbild wie „festgenagelt“. Ich würde ihn so zwischen 3 und 4 Blendenstufen einordnen. Bei dem z.B. sehr beliebten alten 5,6/ 100-400 L IS Canonzoom, gibt es da noch den Modus 2 für bewegte Motive. Diesen Modus hat das neue Tamronzoom nicht mit einem extra Schalter mitbekommen.
Bei so genannten „Mittziehern“ soll laut Tamron eine eigene Erkennung des VC anders in Kraft treten lassen, dieses konnte ich aber so zumindest optisch im Sucher meiner Kamera nicht feststellen. Besser ist es in jedem Fall, ihn bei Mitziehern auszuschalten, da man sonst einen zu hohen Ausschuss in Kauf nehmen muss. Der AF ist bei dieser Art der Fotografie aber einer lichtstarken Festbrennweite unterlegen und produziert erwartungsgemäß deutlich mehr Ausschuss. Ansonsten gibt sich das Objektiv keine Blöße, es fokussiert sehr schnell und leise, sowie auch sehr genau an meinem im Test eingesetzten Canon EOS 5D MK III und auch der Canon EOS 70D Gehäusen. Ebenso war auch nur eine sehr geringe AF-Justage seitens der Kamera nötig, bis es für meine Ansprüche genau gepasst hat.
Wie schrieb neulich ein User in einem der bekannten Internetforen so passend: „Dieses Objektiv wird in der Naturfotografenszene und unter den Hobbyfotografen neue Maßstäbe setzen, bzw. die gesamte Szene aufmischen“. Eines kann man jedenfalls jetzt schon nach den paar Wochen sagen, es ist ihnen gelungen. Tamron hat es echt geschafft ein bezahlbares Objektiv zu bauen, was eben für die meisten Anwendungen völlig ausreichend ist.
Positiv
- Extrem gutes Preis/Leistungsverhältnis
- Bei allen Brennweiten sehr gute optische Qualität
- Schneller und sehr leiser AF Betrieb
- Veriegelungmechanismus bei 150mm
(verhindert das durchrutschen vom Tubus ) - Fokussierbereichsbegrenzer von 16 m auf unendlich
- guter Qualitätseindruck
- 5 Jahre Garantie vom Hersteller
- Gute Naheinstellgrenze von 2,70m
- Leicht und tragbar in Anbetracht der verfügbaren Brennweite
Negativ
- Etwas dünne Gegenlichtblende
- Gewöhnungsbedürftiges, kurzes Zittern des Sucherbildes nach Einschalten des Bildstabilisators.
- Etwas träger AF bei schnellen Bewegungsabläufen und im Nachführmodus.
- Langer, etwas kopflastiger Tubus bei vollen 600 mm Brennweite
Technische Daten sowie Produkteigenschaften
- Brennweite: 150-600mm
- Lichtstärke: 1:5.0-1:6.3
- Optischer Aufbau (Linsen/Glieder): 20/13
- Bildstabilisator: VC
- Fokussiermotor: USD
- Naheinstellgrenze: 2.70m
- Kleinste Blende: 32-40
- Abbildungsmaßstab: 1:5.00
- Filterdurchmesser: 95mm
- Maße (Durchmesser x Länge): 105.6×257.8mm
- Gewicht: 1951g SP 150-600mm F/5-6.3 Di VC USD (Modell A011)