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Canon EF 400/2.8 L IS II

Ein Tele für ALLE Fälle?!

Die Vorpremiere der neuen Canon – Superteleobjektive liegt nun schon über ein Jahr zurück, aber durch die Naturkatastrophe in Japan sind Lieferschwierigkeiten eingetreten. Daher sind erst vor ein paar Wochen (September 2011) die ersten 2,8/300er L IS II und 2,8/400er L IS II in Deutschland eingetroffen sind. Die zur gleichen Zeit angekündigten 4/500er L IS II und 4/600er L IS II, lassen noch ein paar Monate auf sich warten. Im Oktober hatte ich das erste Mal das Vergnügen, ein neues 400er ausführlich zu testen. Die erhebliche Gewichtsreduzierung um über 1,5 kg gegenüber dem Vorgänger, die verbesserte Naheinstellgrenze um 30 cm, der neue Bildstabilisator, der jetzt bis zu 4 Blendenstufen ermöglichen soll und die optische Neurechnung schürten schon vorab hohe Erwartungen. Das Vorgängermodell war von der optischen Qualität immer eine Referenzlinse und quasi das Non plus Ultra in Sachen Abbildungsleistung und sehr beliebt bei Sport-, People- und Pressefotografen. Nur seine Kopflastigkeit und das hohe Gewicht machten es nie zum Liebling der Naturfotografen, bzw. war es nicht unbedingt die Linse, die einem einen langen Fototag versüßen würde. Wenn schon viel Gewicht, dann griffen die Naturfotografen eher zum beliebten 4/600er. Und wer es etwas leichter haben wollte, nahm das sehr beliebte Allroundtele 4/500 L IS.  Die alten Supertele mit dem Bildstabilisator der 2. Generation wurden ja schon im September 1999 bei der French Open in Frankreich vorgestellt. So ist es keine Überraschung, dass nun nach fast 12 Jahren die Entwicklung soweit vorangeschritten ist, dass man schon fast von einer „Neuerfindung“ sprechen kann. Überspitzt gesagt – die Canoningenieure haben nicht nur ganze Arbeit geleistet, sondern ein kleines „Wunder“ auf die Beine gestellt.

Das Handling des neuen 400er ist als absolut genial zu bezeichnen. Ob man es mal eben frei Hand für einen Schnappschuss, quasi aus der Hüfte, benutzt, oder aus dem Auto, aus einem wackeligen Boot heraus, oder aufgelegt auf einen Bohnensack, Fensterholm, Schulter vom Vordermann – für das Objektiv gibt es kaum eine Situation, in dem es keine scharfen Bilder macht. Vom Bohnensack aus sind mir scharfe Bilder mit bis zu einer 1/4 sec. Belichtungszeit gelungen. Auch frei Hand, ohne irgendwelche Hilfen, teilweise mit hohem Pulsschlag sind bis zu einem 30tel sec. scharfe Bilder möglich. Der neue Bildstabilisator hält also, was Canon verspricht,  und übertrifft es sogar noch. Er hat einen dritten Modus bekommen, in dem er sich erst kurz vor der eigentlichen Aufnahme einschaltet – dieser wird in gewissen Kreisen als „Antikotzmodus“ beschrieben. Es gab angeblich Beschwerden von Berufsfotografen, die stundenlang in Stadien durch den Sucher der Kamera mit eingeschalteten IS schauten und denen davon schlecht wurde. Hier hat man Abhilfe geschaffen, so dass ein Wandern des Bildes vor der Aufnahme nicht mehr vorkommt. Ebenso überarbeitete Canon auch die optische Leistung, die, wenn man den Vorgänger kennt, ja kaum noch zu übertreffen war. Egal ob mit 1,4fach- oder 2fach-Konverter, die Linse ist unglaublich scharf und kontrastreich schon bei Offenblende. Bei 400 mm Brennweite und Offenblende 2,8 hat man das Gefühl, die Linse ist so stark kontrastreich und scharf und brillant, dass die damit gemachten Bilder fast einen 3D-Effekt bekommen. Das liegt wohl auch an der extremen weichen Hintergrundwiedergabe (Bokeh) im Unschärfebereich. Hier hat Canon gegenüber dem Vorgänger die Verbesserung quasi „sichtbar “ gemacht. Die voreingestellte Schärfe im Standardmodus (bei Canon immer auf Stufe 3 voreingestellt) muß man im Rawkonverter auf 0 stellen, sonst wirken die Bilder schon zu scharf und überschärft! Das hatte ich noch bei keinem meiner bisher benutzen Objektive, weder bei meinem alten 2,8/300er noch 4/500er oder 4/600er.

An meiner 7D, wo gerade in Verbindung mit dem 1,4fach-Konverter an meinem 600er die Grenzen der optischen Leistung zu erkennen waren, hat das neue 400er überhaupt keine Probleme. Auch mit dem 2fach-Konverter in Verbindung mit meiner 7D macht es extrem scharfe Bilder. Hier zeigt sich eben doch, das Canon in all den Jahren nicht geschlafen hat, sondern eine herausragende Optik effektiv verbessern konnte. Ohne Konverter hat man ein überragendes 400er Teleobjektiv, das für alle Motive, egal ob Sport, People, Natur etc. zu Bildern verhilft, die mit anderen Objektiv kaum zu bekommen wären. Hervorzuheben ist auch der geniale Bildstabilisator der 3. Generation. Die Gewichtsreduzierung gegenüber dem Vorgänger ist eine weitere kleine Revolution. Es ist handlich geworden und besitzt einen extrem zuverlässigen Autofokus, der rasend schnell (egal ob mit einer 7D, 5D MK II, oder 1D MK IV) sein Ziel erfasst. Die Bildqualität ist das Beste, was ich je von einem Canonobjektiv gesehen habe, da wird wohl nur noch der Nachfolger vom 500er und 600er mithalten können. Bei Verwendung mit dem neuen 1,4 fach Konverter liegt die optische Leistung auf extrem hohen Niveau. Man hat ein lichtstarkes 4/560 mm, das vor keinem 4/600er Angst haben muss. Auch die Autofokusgeschwindigkeit bleibt voll erhalten. Man sollte aber beachten, dass gerade bei Verwendung mit Konvertern der Nahbereichsbegrenzer auf 7m stehen sollte. Dann beschleunigt der AF wesentlich schneller wie bei einer Naheinstellgrenze von 2,7 m bis unendlich.

Bei einem direkten Vergleich zwischen dem 4/500 L IS und dem 2,8/400 L IS II + 1,4fach-Konverter III lagen beide Objektive bei der AF-Geschwindigkeit gleich auf. Ist der Nahbereich aber auf 2,7 m eingestellt, stellt das alte 500er etwas schneller scharf. Die optische Leistung im Vergleich zum alten 500er ist bei dem neuen 400er mit 1,4fach-Konverter, also 560 mm, tatsächlich etwas besser und das auch bei Offenblende! Hier zeigt das neue 400er etwas mehr an Brillanz und eine angenehmere Hintergrundwiedergabe. Es stellt etwas besser frei und das, obwohl ein Konverter dran hängt und es ja kein echtes 500er ist. Bei Verwendung mit einem guten 2fach-Konverter der neuesten Generation liegt die optische Leistung immer noch auf einem sehr hohen Level. Gerade in dieser Disziplin hatte der Vorgänger Probleme, es war ein deutlicher Qualitätsabfall zu erkennen. Hier zeigt sich die wahre Qualität der Neurechnung. Bei echten 800mm Brennweite und Offenblende 5,6 waren meine Erwartungen nicht so hoch gesteckt. Hier wäre zu vermuten, dass die optische Qualität deutlich einbrechen würde bzw. nur noch bedingt und leicht abgeblendet zu exellenten Bildern führen würde – dem ist aber nicht so. Es zeichnet noch sehr scharf und brillant jedes Detail auf den Chip, sowohl mit der 1er wie auch mit der schwierigen 7D. Es liegt im direktem Vergleich auf dem hohen Level des 5,6/800 L IS, vielleicht ist es sogar minimal besser, als mein 4/600er L IS mit 1,4fach-Konverter. Der Autofokus ist jetzt natürlich etwas langsamer, aber gefühlt immer noch so schnell ein 600er mit 1,4fach-Konverter. Er erfasst jedes Ziel schnell und exakt. Natürlich ist auch hier zu beachten, dass der Nahbereichsbegrenzer auf 7 m steht. Als Anmerkung sei aber noch gesagt, das erst der zweite von mir getestete Konverter der 3. Generation wirklich gut war.

Mein Fazit

Canon ist es gelungen, nicht nur auf dem Papier mit Werbesprüchen zu punkten, sondern sie haben mit dem 2.8/400 L IS II ein Teleobjektiv der Superlative auf den Markt gebracht. Es ist  dem Vorgänger in allen Belangen deutlich überlegen – leider auch im Preis…  Es ist gut zu handhaben und durch seine kurze Baulänge passt es fast in jeden Rucksack. Es ist – zumindest was meinen persönlichen Eindruck betrifft – etwas handlicher als das alte 500er.
Gewichtsmäßig liegen sie ja fast gleich auf. Wer also überlegt, sein altes 4/500er (3.870g) oder gar 4/600er (5.360g) durch das neue 2,8/400er L IS II (3.850 g) zu ersetzen, macht sicher keinen Fehler. Er hat dann eine flexible Lösung und muss nur mit dem höheren Preis leben.

Der Vorteil der hohen Lichtstärke 2,8 kommt vor allem den Fotografen entgegen, die im letzten Licht auf Fuchs oder auf Rehwild ansitzen oder in einem schlecht beleuchteten Stadion schnelle Action fotografieren müssen. Die Freistellung bei Offenblende ist ideal für Aufnahmen in Gehege oder Zoo oder für Peoplefotografie on location. Es gibt unzählige Einsatzmöglichkeiten für dieses Objektiv – wer aber hauptsächlich den Kleinvögeln mit der Kamera nachstellt, sollte auf das neue 4/600er L IS MK II warten, denn gerade in der heimischen Natur kommt es oft auf jeden Millimeter Brennweite an.

Pluspunkte

  • sehr flexibel einsetzbar, besonders in Verbindung mit den beiden neuen Konvertern.
  • 2,8/400mm, 4/560mm, 5,6/800mm Brennweite sind bei hoher optischer Qualität möglich.
  • verbesserter Bildstabilisator (4 Blendenstufen und dritten Modus für Sportfotografen).
  • 1,52 kg leichter als das Vorgängermodell
  • verbesserte Naheinstellgrenze von 3 m auf 2,7 m reduziert.
  • verbesserter AF.
  • verbesserte optische Eigenschaften, besonders bei Offenblende im Randbereich und bei Konvertereinsatz.
  • nochmals verbesserte Eigenschaften, was Robustheit und Abdichtung betrifft.
  • zusätzlicher, zweiter Stativfuss für die Benutzung vom Einbeinstativ im Lieferumfang enthalten.

Minuspunkte

  • wackelige Befestigung der Gegenlichtblende, leider immer noch nur mit einer Schraube.
  • immer noch das blöde „Elefantenkondom“ als Schutz für die Frontlinse. Auch da wäre eine alternative Lösung (Kunstoffdeckel mit Schnappverschluß) die deutlich bessere Wahl.
  • kein vernünftiger Koffer, bzw. Tragetasche im Lieferumfang enthalten, stattdessen ein komischer, häßlicher Plastikkoffer, in den keine Kamera mit hinein passt.
  • der unglaubliche Preisanstieg gegenüber dem Vorgängermodell. Hier schlägt Canon mit einem satten Preisaufschlag zu. Laut Liste verlangt Canon 10499,- Euro für das neue 2,8/400 L IS II – die alte Version lag bei ca. 7499,-Euro.
Canon EF 70-200/L IS II
Canon EF 600/4 L IS II